Deutschlands Achtelfinalauftritt bei dieser WM sollte ein unaufgeregter sein. Doch das Spiel gegen Algerien war nicht nur das vermutet unangenehme, sondern brachte die deutsche Mannschaft in einige erhebliche Schwierigkeiten.
Wie schon an den Tagen zuvor, hatten auch die Achtelfinalspiele an diesem Tag ein schönes Thema. Diesmal war es Europa gegen Afrika. In der ersten Partie traf Frankreich auf Nigeria, ähnlich wie die deutsche Begegnung eigentlich eine klare Sache. Doch wiedermal bewies sich, dass Gruppenphase und Endrunde nicht dasselbe sind. Das zuvor ansehnliche Spiel der Franzosen kam gegen kampstarke Nigerianer lange nicht ins Rollen. Nigeria hatte mehr vom Spiel und ließ den Ball gut laufen. Die Chancen blieben jedoch weitestgehend aus. Nigerias Emenike verwandelte dann gleich die erste, doch es war Abseits. Auf der Gegenseite parierte Torwart Enyeama den Volleyschuss des Franzosen Pogba stark. Frankreich nun leicht besser im Spiel aber nach den zwei Gelegenheit fehlte es lange Zeit wieder an echten Gelegenheiten.
Im zweiten Durchgang hatte Frankreichs Matuidi nach einem groben Foulspiel Glück mit Gelb davonzukommen (sein Gegenspieler war nicht so glücklich und musste verletzt raus). Ab der 70. Minute erst kam Frankreich endlich zu dem gefährlichen Spiel, dass in der Gruppenphase noch alle überrascht hatte. Die Einwechslung von Griezmann, die Benzema zurück ins Sturmzentrum beförderte, tat der Mannschaft und gerade auch Benzema sichtlich gut. Frankreichs Stürmer hatte dann auch gleich die erste einer Reihe hochkarätiger Chancen, doch Moses klärte noch vor der Linie für seinen überwundenen Torhüter. Nach einem Schuss von Benzema prallte die Kugel nochmal zu Cabaye, der nur die Latte traf. Kurz darauf war es wieder Benzema, dessen Kopfball Enyeama gerade noch über das Tor leiten konnte. Nigeria schwamm nun mächtig. Unglücklich, dass es gerade der starke Torhüter war, der die Entscheidung verantwortete. Enyeama griff nach einer Ecke am Ball vorbei und Pogba schaltete blitzschnell, köpfte den Ball in der 79. Minute ins leere Tor. Wer nun einen Sturmlauf von Nigeria erwartete, sollte sich wundern. Das Gegentor schien die Moral der Mannschaft gebrochen zu haben, das letzte Aufbäumen war nicht mehr zu finden. Das 2:0 in der Nachspielzeit war fast sinnbildlich für die Selbstaufgabe der Afrikaner zu diesem Zeitpunkt. Valbuena konnte sich wie in einem munteren Trainingsspielchen durchsetzen und unbedrängt flach in den Strafraum flanken. Griezmann stand schon einschussbereit, doch dies besorgte dann Verteidiger Yobo auch noch gleich selbst.
Frankreich setzt sich mit mehr Mühen durch als erwartete. Tatsächlich brauchte Les Bleus gute 70 Minuten um richtig zu ihrem Spiel zu finden und hatte davor viel Glück nicht selber in Rückstand zu geraten. Es war kein Spiel, dass der deutschen Mannschaft Angst machen sollte.
Doch erst mal musste der eigene Gegner besiegt werden und dies sollte sich mehr als nur schwierig genug gestalten. Algerien ging als krasser Außenseiter in die Partie. Eine tiefstehende und unangenehme afrikanische Mannschaft wurde erwartet, doch es kam anders als man dachte. Deutschland begann mit Schweinsteiger und Lahm im Mittelfeld, Mustafi ersetzte den erkrankten Hummels und nahm die Position des Rechtsverteidigers ein, Boateng rückte dafür in die Mitte. Die umformierte Abwehr stand dann auch gleich viel mehr im Blickpunkt als ihnen lieb war. Nach einem ausgeglichen Beginn, begann die deutsche Mannschaft mehr und mehr unter der aggressiven Verteidigung Algeriens zu wackeln. Die Ball- und Passsicherheit war kaum noch zu sehen und die Afrikaner wurden immer wieder zu schnellen Kontern eingeladen. Ein bezeichnendes Bild für das Spiel zeigte sich schon nach neun Minuten, als Neuer im Stile eines Liberos weit vor dem Gehäuse klären musste. Das sollte nicht das einzige Mal in der Partie bleiben. Nach einem Schweinsteiger-Schuss erlitt das deutsche Spiel dann einen kompletten Bruch. Algerien kam zu drei guten Gelegenheiten, eine davon zum Glück ein Abseitstor. Löws Elf taumelte zu dieser Phase mächtig und auch wenn sie danach das Geschehen wieder etwas beruhigen konnte, ging dem deutschen Spiel doch auch weiterhin jegliche Souveränität ab, vor allem der Defensive. Neuer musste erneut weit vor seinem Gehäuse klären. Chancen gab es für die deutsche Mannschaft dabei trotzdem. Özil scheiterte an Torwart M'Bohli und kurz vor der Pause ließ Algeriens Schlussmann einen Schuss von Kroos nach vorne prallen, doch Götze konnte die Gelegenheit nicht verwerten.
Zur Pause musste Löw reagieren und bewies mal wieder ein gutes Händchen. Schürrle ersetzte Götze und brachte gleich Schwung herein, war an zwei guten Chancen beteiligt. Lahm scheiterte in der 55. Minute mit dem vielleicht sehenswertesten Schuss der Partie an M'Bohli. Die momentane Druckphase der Deutschen verflog dann aber auch wieder und Mustafi musste verletzt ausgewechselt werden. Lahm rückte wieder auf rechts und Khedira ins Mittelfeld. Kurz vor Schluss zog Deutschland den Druck nochmal an, Müller scheiterte per Kopf am nun richtig guten algerischen Torwart und Schürrle vergab die Nachschusschance. Doch auch wenn die deutsche Mannschaft das Spiel im zweiten Durchgang mehr im Griff hatte, blieb die Abwehr sehr anfällig, nicht umsonst war Manuel Neuer der wohl beste Verteidiger auf dem Feld. Seine sicherlich riskanten Ausflüge rettete die deutsche Defensive ein ums andere Mal vor noch größeren Gefahren.
In der regulären Spielzeit sollte es also nichts mehr werden. So ging es dann in die Verlängerung und hier sollte es dieses Mal nicht lange dauern. Müller konnte sich nur zwei Minuten nach Wiederbeginn auf links durchsetzen und seine Flanke in der Mitte verwertete Schürrle mit etwas Glück aber auch Können per Hacke zum erlösenden 1:0! Algerien musste nun offensiver agieren und es ergaben sich Räume, die zunächst aber ungenutzt blieben. Deutschlands schwammige Defensive hielt das Spiel zudem offen und Schweinsteiger musste mit Krämpfen dann auch noch vom Platz. Für ihn kam der zweite Neuling mit Kramer. Doch den Afrikanern schien nun doch die Luft auszugehen. Als das Spiel mehr oder weniger gelaufen war, staubte Özil (119.) eine vergebene Chance von Schürrle zum 2:0 ab. Für einen Moment wurde es für einen Moment nochmal hektisch als Djabou in der Nachspielzeit nochmal auf 2:1 verkürzte, doch kurz darauf erlöste der weitestgehende souveräne Schiedsrichter Sandro Ricci sowohl deutsche Mannschaft und Fans, die bis weit nach Mitternacht mit ihrem Team zittern mussten.
Es war eine extrem schwere Partie und wieder einmal war es eine afrikanische Mannschaft, die uns bei diesem Turnier Mühe machte. Trotzdem war vieles im deutschen Spiel fast unerklärlich und einige taktische Maßnahmen wird Löw sicherlich nochmal überdenken müssen. Die Viererkette aus reinen Abwehrspielern war nicht nur schwach, sondern zeigte auch auf, was das Fehlen echter Außenverteidiger gerade für das Flügelspiel bedeutet. Hummels fehlte definitiv und für Mustafi kommt die WM zu früh, Löw tat dem jungen Verteidiger keinen Gefallen ihn auch noch auf komplett ungewohnter Position spielen zu lassen und Boateng dafür ins Zentrum zu ziehen (umgekehrt wäre es vielleicht besser gewesen). Schürrle zeigte mal wieder wie wichtig ein Strafraumspieler ist, gleichzeitig war es ein wenig unverständlich, warum er nicht mit dem schwachen Özil die Seiten tauschte und über seine starke linke Seite kam. Positiv zu bewerten war neben der Moral und Schürrle, sicherlich die Leistung Neuers, der oft hohes Risiko ging... und gehen musste. Schweinsteiger machte ein durchschnittliches Spiel, biss sich durch bis es dann gar nicht mehr ging, doch wirklich Struktur konnte er auch nicht ins Spiel bringen. Der Rest jedoch wird sicherlich verbessert werden müssen bis zum Spiel gegen Frankreich. Doch Gegner wie Frankreich liegen uns bekanntlich ja eher als tiefstehende Außenseiter...
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