Nach zwei Tagen Pause ging es gestern in die wirkliche heiße Phase. Die Teams nunmehr fast nur noch auf Augenhöhe. Kleinigkeiten und vor allem nicht die Offensivspieler sollten über Sieg oder Niederlage entscheiden, sowohl für Deutschland als auch Brasilien.
Deutschland traf auf Frankreich im ersten Spiel. Löw krempelte sein Team etwas um. Klose kam als echter Stoßstürmer für Götze, Schweinsteiger und Khedira im Mittelfield. Lahm ging zurück auf rechts und Boateng dafür anstatt Mertesacker in die Mitte, da Hummels wieder zurückkam. Und gerade letzteres sollte ein entscheidender Faktor sein. Die Abwehr gab sich stark verbessert als noch im Spiel gegen Algerien, stand auch nicht mehr so hoch und hatte gerade in der ersten halben Stunde wenig Schwierigkeiten mit den Franzosen. In dieser Phase hatte Deutschland mehr vom Spiel, mehr Ballsicherheit aber es fehlte ähnlich schon wie gegen die USA am letzten Pass. Tatsächlich war die ganze Begegnung eine sehr chancenarme Partie. Doch Deutschland erwischte trotzdem einen perfekten Start. Ein Freistoß von Kroos in der 12. Minute findet Hummels Kopf, der den Ball unhaltbar ins Eck drückte. Danach hatte Frankreich Glück, denn Klose wurde im Strafraum von Debuchy zu Boden geschubst aber es gab keinen Elfmeter.
Nach einer guten halben Stunde kam Frankreich dann besser ins Spiel. Eine Doppelchance durch Valbuena und Benzema wurde zuerst durch Neuer und dann Hummels entschärft. Nach dem Wechsel setzte sich der Trend fort, Frankreich nun viel offensiver, konnte sich zwar immer wieder in den Rücken der deutschen Abwehr spielen aber gerade die Innenverteidigung mit Hummels und Boateng stand größtenteils sicher. Auf der Gegenseite war das Offensivspiel der deutschen Mannschaft völlig erlahmt. Kontergelegenheiten wurden liegengelassen und Bälle immer wieder leichtfertig her geschenkt. Der Kräfteverschleiß nach dem Algerien-Spiel schien sich bemerkbar zu machen, die Franzosen wirkten wesentlich frischer. Schürrle kam für den glücklosen Klose und brachte wie schon beim letzten Spiel wieder etwas frischen Wind. Tatsächlich war es dann auch eben jener Schürrle, der gleich zwei dicke Chancen zur Entscheidung liegen ließ. Einmal landete sein Schuss in jeweils offener Position vor dem Tor am Gegenspieler, beim zweiten Mal direkt auf den Torwart. Zumindest brachten die letzten zehn Minuten nochmal etwas Schwung und die sehr wichtige Entlastung zu diesem Zeitpunkt. Die letzte Chance in der Nachspielzeit erneut durch Benzema wurde gerade noch so von Neuer entschärft.
Es war ein schwieriges Spiel, dieses Mal sicherlich eher auch so erwartet. Defensiv und mannschaftlich war die Leistung sicherlich in Ordnung, Hummels Rückkehr war entscheidend und Lahm brachte auf Rechts wieder etwas Stabilität, wenn die Offensive heute auch eher im Allgemeinen lahmte. Es war eine Aktion, gerade ein Standard, der die Entscheidung in dieser engen Begegnung brachte. Frankreich lieferte ein starkes Spiel, doch Deutschlands Verteidigung stand so sicher wie es gegen gefährliche Spieler vom Kaliber eines Benzema nun mal möglich ist. Das Offensivspiel war Mau, trotz Klose, am Ende aber gewinnt die Mannschaft mit dem einen, entscheidenden Tor. Nichts für Spektakelfreunde, taktisch aber weitaus besser als Algerien und dann eben mit dem nötigen Quäntchen Glück.
Brasilien erwischte im Spiel gegen Kolumbien einen ähnlich guten Start wie die deutsche Mannschaft. In der 7. Minute findet Neymars Ecke am langen Pfosten seinen Kapitän Thiago Silva, der zum 1:0 einschieben kann. Brasilien machte ein etwas gefälligeres Spiel als noch in den Partien zuvor, hatte mehr Ballbesitz und Gelegenheiten aber doch blieb vieles sehr durchsichtig. Kolumbien war bemüht um eine Antwort, konnte aber auch keine Gelegenheiten verwerten.
Die zweite Hälfte begann zerfahren und das Schiedsrichtergespann tat sein übriges dazu. Ein neuer Foulrekord wurde mit 52 Fouls in dieser Partie aufgestellt, doch am Ende kam das Spiel mit drei gelben Karten aus, es hätten aber auch gut und gerne 10 sein können. Bitter für Brasilien eine dumme gelbe Karte für Kapitän Thiago Silva, der im Halbfinale fehlen würde. Kurz darauf war es dann erneut ein Standard mit einem Geniestreich von David Luiz (69.) per Freistoß, der Brasilien mit 2:0 in Führung brachte. In der Folge stellte Brasilien fast jegliche Offensivbemühungen ein und Kolumbien machte nur noch Druck. Die Quittung gab es als James seinen Mitspieler Bacca im Strafraum freispielte und dieser nur noch unfair von Brasiliens Keeper Julio Cesar zu Fall gebracht werden konnte. Elfmeter für Kolumbien, den James (80.) dann zum 2:1 verwandelte. Brasilien wankte nun nochmal aber Kolumbien schaffte auch kaum große Chance herauszuspielen. Unrühmlicher Höhepunkt des zerfahrenen und harten Spiels: Zuniga springt Neymar rüde in den Rücken, es gibt Vorteil aber nachher wieder kein Gelb und Neymar musste mit der Trage vom Platz. Trotzdem zittert sich Brasilien dann doch zum Sieg gegen glücklose Kolumbianer.
Die Schiedsrichterleistung in beiden Partien waren mäßig bis fragwürdig. Fiel der argentinische Unparteiische in der deutschen Partie vor der Halbzeit nicht auf, war die Leistung des ganzen Gespanns im zweiten Durchgang nur so von vielen, kleinen Fehlern geprägt, die in der Summe richtig hätten wehtun können. Die Leistung im zweiten Spiel war ein typisches Beispiel dafür wie Schiedsrichter bei dieser WM mit dem Begriff Regelauslegung allzu leichtfertig umgehen. Verletzungen wie von Neymar kommen eben gerade durch solche Leistungen zustande und machen den Sport dann leider kaputt. 52 Fouls und nur drei Karten sagt alles.
Es waren zwei typische, enge Viertelfinalspiele. Wer in dieser Phase noch spektakulären Fußball erwartet, versteht den Sport nicht. Von beiden Spielen fuhr Deutschland den überzeugenderen Sieg ein. Auch wenn Brasilien mit ein wenig mehr Zug zum Tor und Chancen aufwarten konnte, wirkte das Spiel des Gastgebers weiterhin konfus und planlos, symptomatisch das beide Treffer nach Standardsituationen und durch Verteidiger fielen. Nun, ALLE Tore fielen gestern nach Standards... Mittlerweile ist auch klar, dass Neymar ausfällt. So schade das persönlich ist, sollte diese Nachricht doch Mut machen. Denn Brasilien ohne Neymar (und Kapitän Thiago Silva) ist nur noch halb so viel wert (und das war bisher auch nicht besonders). Bessere Vorrausetzungen um gerade gegen den Gastgeber ins Finale einzuziehen dürften wir kaum kriegen.
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